Mehrstündige Videokonferenzen im Frontalunterricht sind für Lehrende und Lernende nur schwer durchzuhalten. Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne des Menschen ist sehr begrenzt.
Wie gelingt es die Aufmerksamkeitsspanne der Lernenden zu erhöhen und die Lernaktivität aufrecht zu erhalten?
Wie unterstützt man den Lernprozess der Lernenden im digitalen Raum und stärkt das Gemeinschaftsgefühl der Klasse?
Für ein erfolgreiches Lernen auch im digitalen Unterricht ist die Schüleraktivität durch Interaktionen, kooperative Unterrichtsphasen und kognitiv aktivierende Aufgabenstellungen eine bedeutsame Voraussetzung. Ebenso sind eine gelingende Klassenführung, sowie konstruktive Unterstützung der Lernenden weitere Gelingensfaktoren für den Lernerfolg. Schüleraktive Lernformen stellen im Distanzunterricht eine große Herausforderung dar. Der zielgerichtete Einsatz von digitalen Tools in den unterschiedlichen Phasen des kompetenzorientierten Unterrichts bietet Lernenden die Möglichkeit, sich aktiv am Unterricht zu beteiligen und sich eigenständig mit dem Inhalt auseinander zu setzen. Digitale Tools bieten besonderes Potential für Differenzierung und Individualisierung. Durch schüleraktive Phasen wird die Selbstwirksamkeit der Lernenden gestärkt. Lernende werden in Ihrer Motivation gefördert, wenn sie erfolgreich, eigenständig und sozial eingebunden sind.
Die im folgenden dargestellten Unterrichtsbeispiele sind eine Zusammenstellung von erfolgreich eingesetzten Tools und Unterrichtsmaterialien aus der Praxis von Lehrenden an beruflichen Schulen und stellen ein Angebot für die Praxis der Lehrenden an beruflichen Schulen dar. Um einen möglichen pädagogisch-didaktischen Einsatz aufzuzeigen, werden die hier zur Verfügung gestellten Unterrichtsbeispiele den verschiedenen Anwendungsphasen zugeordnet und hinsichtlich ihrer technischen Umsetzungsanforderungen mit Sternen (1-3) gewichtet:
Erläuterung der Anwendungsphasen:
Zu Unterrichtsbeginn, aber auch innerhalb des Unterrichtsverlaufs gilt es besonders im Online-Unterricht, die Beziehung der Lernenden zum Inhalt, die Beziehung der Lernenden untereinander aber auch die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden zu fördern, sichtbar und lebendig zu machen. Die Beziehungsqualität bleibt auch im Online-Unterricht eine wichtige Grundlage für nachhaltiges Lernen. Die hier verfügbaren Beispielübungen unterstützen die Beziehungsqualität auf allen drei Ebenen.
Beispiel 1: Konferenztool
– fächerübergreifend (Beispiel 01) (pdf) (odt)
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Eine bedeutende Determinante des Lernerfolgs ist das Vorwissen. Die Aktivierung des Vorwissens leitet den kognitiven Lernprozess ein und regt zur vertieften Auseinandersetzung mit Lerninhalten an. Neue Inhalte sind in einem sinnvoll geordneten Zusammenhang zum Vorwissen zu stellen, um Einspeicherung in die individuelle Denkstruktur zu erleichtern. Ein Advance Organizer ist eine gezielte Aktivierung und gibt einen auf das Wesentliche reduzierten Überblick, verknüpft Neues mit Vorwissen und bietet durch Visualisierungen den Lernenden konstruktive Unterstützung. Um im offenen Gespräch Vorwissen zu aktivieren und sich über Vorerfahrungen berichten zu lassen, bieten sich z. B. das digitale Brainstorming oder verschiedene digitale Mappingtechniken an. Ausgehend von Beispielen aus der Lebenswelt können z. B. Hypothesen entwickelt werden, die in den folgenden Unterrichtsphasen überprüft und verifiziert werden.
Beispiel 1: Mentimeter
– VBWL (Beispiel 02) (pdf) (odt)
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Beispiel 2: Mentimeter – VBWL (Beispiel 03) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 3: Konferenztool
– fächerübergreifend (Beispiel 04) (pdf) (odt)
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Beispiel 4: Learningapps
– ELCh, Biologie (Beispiel 05) (pdf) (odt)
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Beispiel 5: ZUMpad
– ULV (Beispiel 06) (pdf) (odt)
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In dieser Phase setzt die Lehrperson mit Neuem da an, wo die Lernenden stehen und informiert entweder gezielt durch Kurzimpulse oder unterstützt die Lernenden in Selbstlernphasen durch konkrete Arbeitsaufträge. Das Spektrum reicht von zur Verfügung gestellten Arbeitsblättern über geleitete Recherche im Internet bis hin zu offenen digitalen Erkundungen.
Eine Entlastung der Videokonferenzen kann durch eine vorentlastende Informationsphase mit Flipped Classroom erfolgen. Bei der Methode Flipped Classroom wird der „herkömmliche“ Unterricht umgedreht. Die Lernenden erarbeiten sich beispielsweise mithilfe von Videos ein Thema eigenständig und bereiten sich individuell auf die nächste Unterrichtsstunde vor. Im Unterricht werden dann Probleme besprochen, Fragen geklärt und individuell geübt. Die Lehrperson ändert in diesem Moment ihre Rolle und wird zum individuellen Lernbegleiter.
Beispiel 1: Toolmix – Chemie (Beispiel 07) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 2: Powerpoint – fächerübergreifend (Beispiel 08) (pdf) (odt) (docx)
In der Phase der Verarbeitung können in abwechselnden individuellen, kooperativen/kollaborativen und kollektiven Phasen mit digitalen Tools neue Inhalte erarbeitet und z. B. Lernprodukte erstellt werden. Beispielsweise können die Lernenden über Gamification und Competitiontools oder EduBreakouts ihr Wissen und ihre Kompetenzen anwenden und überprüfen.
4.1 Individuell
Lernen bedeutet, aktiv individuelle Gedächtnisstrukturen zu konstruieren. Es erfolgt im eigenen Lerntempo und durch persönliche Lernstrategien bei Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen und Erfahrungen. In individuellen Lernphasen haben Lernende die Zeit, neue Informationen in ihrer subjektiven gedanklichen Struktur zu verankern. Im Unterricht nach dem Sandwich-Prinzip wechseln sich individuelle, kooperativ-kollaborative und kollektive Phasen ab. Lernen als aktiver und individueller Konstruktionsprozess wird so in die Gemeinschaft der Lernenden eingebunden und von ihr und mit ihr getragen.
Beispiel 1: Flinga
– Nahrung (Beispiel 09) (pdf) (odt)
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Beispiel 2: Conceptboard
– fächerübergreifend (Beispiel 10) (pdf) (odt)
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4.2 Kooperativ/ Kollektiv
In kooperativen und kollaborativen Phasen können sich Lernende im gemeinsamen Lernprozess engagieren und voneinander profitieren. Sie werden in Verbindung mit herausfordernden Aufgabenstellungen kognitiv aktiviert und erwerben im Austausch und Dialog fachliche und überfachliche Kompetenzen. Das Eingebundensein in eine lernende Gemeinschaft fordert und fördert hier das Lernen der/des Einzelnen von und mit der Lerngruppe.
Beispiel 1: Learningsnacks – Biologie (Beispiel 11) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 2: Toolmix – Chemie (Beispiel 12) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 3: Nearpod – Spanisch (Beispiel 14) (pdf) (odt) (docx)
4.3 Lernprodukte erstellen
Damit sich der oder die Lernende an neue Informationen langfristig erinnern kann, sollen diese wiederholt, sortiert, stabilisiert und in bereits bestehende Wissensnetzwerke eingebunden werden. Lernende strukturieren für sich Inhalte und visualisieren diese z. B. in Lernprodukten, wie Strukturbild, Netzwerk, Mind- oder Conceptmap. Um einen Lerngegenstand tiefer und selbstständig zu bearbeiten gibt es weitere Lernprodukte, wie die eigene Erstellung von Learning Apps, Learning Snacks, Videos, Podcasts etc.
Beispiel 1: Learningapps – Chemie (Beispiel 15) (pdf) (odt) (docx)
4.4 Gamification und Competitiontools
Unter Gamification versteht man die Verwendung von spieltypischen Elementen in einem spielfremden Kontext. Dies sind beispielsweise Levels, Punkte und Abzeichen, welche erreicht bzw. erzielt werden können, aber auch die Einordnung in Ranglisten innerhalb von einem Quiz. Gamification kann sich andererseits auch in der Miteinbeziehung eines Spiels zur Gestaltung einer Lernsituation zeigen. Dies wird häufig auch als game-based-learning bezeichnet. Um Gamification als effektiven Prozess zu gestalten, werden die folgenden Aktivitäten vorgeschlagen: Identifikation des Lernziels, Identifikation der für die Teilnehmenden interessanten Ziele, Auswahl des Spielmechanismus und eine Analyse der Effektivität.
Beispiel 1: Learningapps – Chemie (Beispiel 17) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 2: Cosmobuzz – Mathematik (Beispiel 18) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 3: Quiz Academy – Spanisch (Beispiel 19) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 4: Jigsawexplorer – Spanisch (Beispiel 20) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 5: Wordwall – Fremdsprachen (Beispiel 21) (pdf) (odt) (docx)
4.5 EduBreakouts
Escape Rooms sind bisher bekannt im Bereich Teambuilding und Freizeitaktivität. Mit dem EduBreakout wird dieser in das Klassenzimmer geholt. Die Lernenden bearbeiten kooperativ in Gruppen Aufgaben/Rätsel, um am Ende gemeinsam das Schloss/die Schlösser zu knacken und aus dem Escape Room zu entkommen.
Beispiel 1: Learningapps
– Mathematik (Beispiel 22) (pdf) (odt)
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Reflexion und Feedback sind im digitalen Unterricht von besonderer Bedeutung. Die Reflexion über Unterrichtsinhalte, Lernprozesse und Lernprodukte ermöglichen ein intensiveres Lernen. Feedback kann von Lehrenden an Lernende gegeben werden, von Lernende an Lernende (sog. Peer-Feedback), sowie von Lernenden an Lehrende. Alle diese Feedbackmöglichkeiten erleichtern die Kommunikation über die Distanz und können gezielt eingesetzt werden, um die Lernenden zu aktivieren.
Beispiel 1: Socrative – VBWL (Beispiel 23) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 2: Learningsnacks – Nahrung, Chemie, Biologie (Beispiel 25) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 3: Moodle – fächerübergreifend (Beispiel 26) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 4: Oncoo – fächerübergreifeend (Beispiel 27) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 5: QWIQR
– fächerübergreifend (Beispiel 28) (pdf) (odt)
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Beispiel 6: Konferenztool – fächerübergreifend (Beispiel 29) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 7: Konferenztool – fächerübergreifend (Beispiel 30) (pdf) (odt) (docx)
Beispiel 8: Konferenztool
– fächerübergreifend (Beispiel 31) (pdf) (odt)
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Beispiel 9: Konferenztool
– fächerübergreifend (Beispiel 32) (pdf) (odt)
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Beispiel 10: Mentimeter – fächerübergreifend (Beispiel 33) (pdf) (odt) (docx)
Einige der Beispiele zeigen auf, dass durch den Einsatz digitaler Tools die Lernenden nicht nur aktiv sind, sondern dass es auch möglich ist, z. B. durch kognitive Aktivierung eine elaborierte Verarbeitung von Unterrichtsinhalten zu gewährleisten. Andere Beispiele legen den Fokus auf eine gute Beziehung und Klassenführung. In der Unterrichtsphase Auswertung werden Beispiele zur konstruktiven Unterstützung u. a. durch Feedback dargestellt.