Am 4. und 5. September 2023 fand in Esslingen eine KI-Fachtagung des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) statt. Im Folgenden lesen Sie die zentralen Botschaften dieser KI-Tagung.
Essentials (zentrale Botschaften) der KI-Tagung des ZSL
KI kann es in einem überkomplexen sozialen Umfeld nicht leisten, den Schüler-Einzelfall pädagogisch abzuwägen.
KI ist nicht „intelligent“. KI ist ohne Bewusstsein. Denn es richtet sich auf ein spezielles Problem aus.
Neben kognitiven Aspekten spielen aber vor allem Emotionen und Motivation beim Lernen eine große Rolle. Diese entstehen nur in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Fachspezifische, überfachliche und administrative KI-Tutorensysteme können die Lehrkräfte in vielen Bereichen unterstützen. Sie können zum Beispiel dabei helfen, den Unterricht zu planen oder Aufenthalte im Schullandheim zu organisieren.
Sie ermöglichen den Lehrkräften dadurch, sich auf ihr Kerngeschäft Unterricht zu konzentrieren.
Einen wesentlichen Aspekt des wirksamen Unterrichts stellt der adaptive Unterricht dar. Gewöhnlich bleibt für das adaptive Lernen jedoch nicht genügend Zeit. Die KI erlaubt einen Unterricht
- mit individuell zugeschnittenen Aufgaben und
- anschließendem Feedback sowie
- der Erstellung weiterer, spezifischer Aufgaben.
Adaptiver Unterricht ist dank KI keine Utopie mehr!
Außerdem spielt die Heterogenität der Schülerschaft eine immer größere Rolle. Eine KI ist auch in folgenden Bereichen hilfreich:
- Einteilung in Jahrgangsstufen,
- Lernen gemäß dem Niveau der Schülerinnen und Schüler und
- Lernen entsprechend dem zu vertiefenden Thema.
ChatGPT hat die Möglichkeiten von KI der Öffentlichkeit zum ersten Mal bewusst gemacht. Dennoch ist es wichtig, sich mit dem breiten Spektrum der KI insgesamt vertieft auseinanderzusetzen.
ChatGPT weist noch einige Schwächen hinsichtlich der Faktentreue und der Transparenz der Quellen auf. Neben dieser KI existieren für den schulischen Kontext aber auch
- Textkorrekturprogramme mit einem Dashboard an Beurteilungskriterien (KAT, DeepL),
- Tools mit Funktionen zur Bildgenerierung oder auch
- intelligente Lehrbücher, wie das in Kooperation mit dem ZSL entwickelte „Feedbook“.
Außer auf der Ebene des Unterrichts kann man KI auch auf anderen Ebenen in der Schule einsetzen – bis hin zu administrativen Zwecken.
KI kann also eine datenbasierte Schulqualitätsentwicklung „intelligent“ unterstützen.
Auf der administrativen Ebene gibt es den größten Entwicklungs- und Nachholbedarf.
Ein „AI-Act“ muss noch die Urheberrechts- und Datenschutzprobleme mit der KI regeln. Bis dahin kann man entweder Daten anonymisiert nutzen oder datenschutzkonforme KI-Tools verwenden, die den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen.
Man sollte das Recht dabei nicht als „Verhinderer von KI“ vorschieben. Das Recht ist prinzipiell gegenüber KI offen. In Zukunft soll es auch besser ermöglichen, KI zu nutzen.
Mit ChatGPT können die Schülerinnen und Schüler Texte automatisch erstellen lassen. Im schulischen Kontext werden folglich neue Prüfungsformate notwendig. (Zum Beispiel wird man voraussichtlich mündliche Leistungen stärker gewichten.)
Wenn man eine KI mit spezifischen Daten trainiert, können Verzerrungen (englisch: „biases“) entstehen.
Ein extremes Beispiel für einen solchen „bias“ wäre der Fall, dass eine KI Frauen bei der Personalauswahl diskriminiert. Die KI urteilt auf Basis spezifischer statistischer Daten. Diese besagen, dass Frauen signifikant häufiger im Beruf ausfallen, da sie sich längere Zeit der Kindererziehung widmen. Dies führt dazu, dass die KI bei der Personalauswahl Frauen schlechter bewertet.
Trainingsdaten verzerren also die Ergebnisse einer KI.
Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte „Kluge-Hans-Effekt“: Eine KI kann auf einem Bild nicht wirklich den Inhalt erkennen. Sie erfasst auch alle Bildelemente, die zufällig auf den Trainingsbildern auftreten. Wenn die KI den spezifischen Bildinhalt bestimmt, zieht sie folglich auch Nebensächlichkeiten bei der Gewichtung der Inhaltselemente heran.
Die kritische Überprüfung der Ergebnisse einer KI stellt eine zentrale Kompetenz der Zukunft dar („KI-Kompetenz“). Es kommt dabei auch auf ein solides Vorwissen des Menschen über die Welt durch Bildung an.
KI basiert auf der Ausbeutung von „Click-Workern“ in Ländern des sogenannten „Globalen Südens“. Und KI diskriminiert wegen ungeplanter (aber vielleicht auch geplanter) „biases“.
Deshalb ist zu befürchten, dass KI nicht die globalen Ungleichheiten auflöst, sondern diese noch verstärkt.
Nicht zu vernachlässigen sind auch die großen Umweltbelastungen durch KI: KI verbraucht alleine für das Training sehr viel Energie und Wasser.
Neben den technischen und umweltspezifischen Problemen von KI besteht die Sorge, dass KI zu einer Einschränkung der sozialen Interaktion unter Menschen führt.
Die „Schattenseiten“ müssen Lehrkräfte auch im schulischen Kontext im Blick behalten und die Entwicklung von KI kritisch begleiten.
Baden-Württemberg hat als Wirtschaftsstandort die besten infrastrukturellen und ökonomischen Voraussetzungen, um KI zu fördern und zu entwickeln. Die Vision wäre, ein kleines „Silicon-Valley“ im Süden Deutschlands zu erschaffen.
Es geht aber nicht nur um den ökonomischen Aspekt. Vielmehr ist es wichtig, KI mit dem Bildungssystem zu verknüpfen und die Entwicklung von KI in Baden-Württemberg nachhaltig zu verankern.
Im Hinblick auf die KI-Kompetenz spielen Lehrkräfteausbildung und Lehramtsstudium eine große Rolle. Lehrkräfte werden sich in Zukunft an KI-Tools ausbilden und sich über KI bilden – mit der Unterstützung durch starke Partner in Wirtschaft und Wissenschaft.
KI unterstützt zukünftige Lehrerinnen und Lehrer insbesondere dabei, die basalen Kompetenzen Lesen und Rechnen bei den Schülerinnen und Schülern zu fördern.