Am 18. September 2025 fand in Heilbronn die Fachtagung „KI als Standortfaktor für Baden-Württemberg – Chancen und Herausforderungen für Schule, Wirtschaft und Wissenschaft“ statt. Veranstalterin war die Akademie für Innovative Bildung und Management (aim) in Kooperation mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL). Ziel war es, die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz als Standortfaktor sichtbar zu machen und die Perspektiven von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft mit den Herausforderungen des Bildungsbereichs zu verknüpfen.
Den Auftakt bildete ein Einführungsgespräch mit Kultusministerin Theresa Schopper, Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Präsident des ZSL, und Marco Haaf, Geschäftsführer der aim. Ministerin Schopper machte deutlich, dass KI längst Teil des Alltags der Schülerinnen und Schüler sei und das Land seine bisherigen Anstrengungen im Bereich KI und Bildung weiter ausbauen müsse. Prof. Dr. Riecke-Baulecke betonte, dass es entscheidend sei, den Blick konsequent auf das Lernen der Schülerinnen und Schüler zu richten. Neue Konzepte brauche es nicht, wohl aber die Impulse und Perspektiven von außen – hierfür dankte er Prof. Dr. Hattie und dessen Team. Marco Haaf hob die besondere Stärke Baden-Württembergs hervor, die aus dem Zusammenspiel von mittelständischen Unternehmen, Großkonzernen, Hochschulen, Wissenschaft und dem dualen Ausbildungssystem erwachse.
Anschließend sprach Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Grundsatzrede über die rasante Entwicklung von KI als gesellschaftliche Schlüsseltechnologie. Er verglich die Rolle der Künstlichen Intelligenz für die Gesellschaft mit der des Automobils für die Mobilität: eine tiefgreifende Innovation, die das tägliche Leben, die Arbeit und das Miteinander in grundlegender Weise verändert. Baden-Württemberg habe bereits früh eigene Schwerpunkte gesetzt, etwa mit einer eigenen KI-Strategie und umfangreichen Investitionen in Forschung, Netzwerke und Infrastruktur. Mit Blick auf die internationale Konkurrenz betonte Kretschmann die Notwendigkeit, dass Baden-Württemberg seine Stärken gezielt ausbaue und europäische Kooperationen stärke. „Wer nicht mitkocht, steht irgendwann auf der Speisekarte“, so der Ministerpräsident mit Blick auf die weltweite KI-Entwicklung. Für die Bildung hob er hervor, dass junge Menschen frühzeitig an digitale Medien und KI herangeführt werden müssten, um Transformationskompetenz zu entwickeln. Dazu gehöre auch die Fähigkeit, kritisch mit Technologien umzugehen und sie verantwortungsvoll einzusetzen. „Was Politik schaffen muss: wir müssen dazu beitragen, dass Menschen sich im KI-Zeitalter zurechtfinden.“
Ein zentrales wissenschaftliches Signal setzte Prof. Dr. John Hattie von der University of Melbourne, einer der weltweit renommiertesten Bildungsforscher. Er ordnete die Bedeutung von KI für das Lernen in den internationalen Kontext ein und verwies darauf, dass Computer Jahrzehnte bräuchten, um messbare Effekte in Schulen zu entfalten. Bei KI sei die Dynamik anders, doch gelte es, genau hinzusehen: „Apps sind niemals die Lösung – bisher nicht und auch nicht bei KI.“ Entscheidend sei vielmehr, wie KI sinnvoll in Lernprozesse eingebettet werde. Prof. Dr. Hattie zeigte auf, dass KI vor allem in der individuellen Förderung und beim Feedback besondere Wirkung entfalten könne. Sein Fazit: „Ich glaube nicht, dass KI eine Lehrkraft ersetzen wird. Mein Traum ist, dass eine Lehrkraft, die KI nutzt, eine Lehrkraft ersetzt, die das nicht tut.“ Damit plädierte er für eine reflektierte und gezielte Nutzung von KI, die die Professionalität der Lehrkräfte stärkt.
In weiteren Impulsen aus Medizin, Automobilindustrie, Wissenschaft und Bildung wurde deutlich, wie breit das Spektrum von KI-Anwendungen reicht und wie eng es mit der Qualifizierung der kommenden Generationen verbunden ist. So verdeutlichte Dr. Andreas Kühne vom Automobilhersteller Audi, wie KI in Produktionsprozessen Qualitätssicherung und Effizienz steigert. Er betonte zugleich die Grundsätze von Sicherheit, Transparenz und Respekt, die Audi beim Einsatz von KI konsequent verfolgt. Prof. Dr. Uwe Martens von den SLK-Kliniken hob die Chancen von KI in der Diagnostik und Präzisionsmedizin hervor, warnte jedoch vor den Risiken einer „Blackbox-KI“ und plädierte für „Explainable AI“, die nachvollziehbar und verantwortungsvoll eingesetzt wird. Prof. Dr. Katharina Hölzle vom Fraunhofer IAO erläuterte, dass Ko-Kreation mit KI die Produktivität steigern kann und dass es Future Skills neben klassischer Fachkompetenz und persönlichen Kompetenzen braucht. Anja Schneider-Heer, Abteilungsleiterin im ZSL und zuständig für das am IPAI in Heilbronn angesiedelte KI-Zentrum Schule, stellte dessen Arbeit vor. Das Zentrum legt einen wichtigen Schwerpunkt auf den Wissenschafts-Schulpraxis-Transfer in beide Richtungen und unterstützt Lehrkräfte dabei, Schülerinnen und Schüler zu einem reflektierten und selbstwirksamen Umgang mit KI zu befähigen.
In den abschließenden Diskussionen wurde betont, dass Baden-Württemberg auf seine bestehenden Stärken aufbauen kann: ein
starkes Netzwerk aus Unternehmen, Wissenschaft und Bildung sowie eine Gesellschaft, die offen für Innovation ist. Für die Schulen
bedeutet dies, dass KI nicht nur als technisches Hilfsmittel verstanden werden darf, sondern als Impuls, um junge Menschen zu
mündigen, kreativen und reflektierten Gestalterinnen und Gestaltern der digitalen Zukunft zu befähigen. Die große
Transformation ist eine Aufgabe für uns alle – und die Bildung ist ihr Fundament.
Das ZSL dankt der aim für die sehr gute Zusammenarbeit bei der Durchführung dieser Fachtagung sowie allen Referierenden und Beteiligten für ihre wertvollen Beiträge, sowie Frau Dr. Weiland für die hervorragende Moderation des Nachmittags!