Rund 1.500 Lehrkräfte aus ganz Baden-Württemberg füllten am 22. September 2025 das Konzert- und Kongresszentrum Harmonie in Heilbronn – mit spürbarer Vorfreude darauf, Prof. John Hattie live zu erleben und die Frage zu vertiefen, was im Unterricht wirklich wirkt.
Die Abendveranstaltung „Mit Visible Learning zum Lernerfolg“ war Teil der Hattie-Woche des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und der aim – Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken gemeinnützige GmbH.
Veranstaltungsinhalte
Begrüßung
ZSL-Präsident Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke, aim-Geschäftsführer Marco Haaf und Staatssekretär Volker Schebesta MdL begrüßten die Gäste. Die Redner betonten die Bedeutung evidenzbasierter Unterrichtsentwicklung und der gemeinsamen Verantwortung für den Lernerfolg.
Keynote von Prof. John Hattie
Im Mittelpunkt stand die Keynote des Bildungsforschers Prof. John Hattie, dessen Visible Learning-Studien weltweit diskutiert werden.
Hattie eröffnete mit der zugespitzten Beobachtung „Everybody has the answer“ („Jeder weiß die Antwort“) zu gutem Unterricht und stellte dann die entscheidende Anschlussfrage „But what works?“ („Aber was funktioniert?“).
Seine Botschaft lautete: „Evidence tells a story: Climate, Learning, Progress to Achievement.“ – Lernerfolg wird dort sichtbar, wo ein förderliches Klima, klare Lernorientierung und das Sichtbarmachen von Fortschritt der Schülerinnen und Schüler ineinandergreifen. Vertrauensvolle Beziehungen, eine positive Fehlerkultur und die Ermutigung, kognitive Herausforderungen anzunehmen, bilden dafür den Rahmen.
Zwei weitere Leitgedanken hob Hattie außerdem hervor:
- „Students should drive their own learning“ („Schülerinnen und Schüler sollen Verantwortung für ihr Lernen übernehmen“) sowie
- „Know thy Impact“ („Erkenne deine Wirkung“): Lehrkräfte bräuchten einen evaluativen Blick auf die
Wirkung ihres Unterrichts, der folgende Schritte mit einbezieht:
- Lernfortschritte dokumentieren,
- Feedback nutzen,
- Konsequenzen für den eigenen Unterricht ziehen und
- Verantwortung für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler übernehmen.
Von zentraler Bedeutung sei zudem die kollektive Verantwortung im Kollegium. Wo „Collective Teacher Efficacy“ (sozuagen der gemeinsame Glaube daran, Lernen wirksam verbessern zu können) gelebt werde, entstehe spürbare Qualität.
Hatties Appell lautete: Weniger über Defizite sprechen und mehr wirksame Prozesse gestalten – mit einem klarem Blick auf die Problemlösekompetenz als Schlüssel.
Podiumsdiskussion
Die anschließende Podiumsdiskussion brachte unterschiedliche Perspektiven zusammen. Neben Prof. John Hattie diskutierten der Lehrer und Bildungs-Influencer Bob Blume sowie Staatssekretär Volker Schebesta.
Bob Blume plädierte für Mut, neue Wege auszuprobieren, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Er erinnerte daran, dass selbstgesteuertes Lernen Zeit und Haltung erfordere. Kritisch äußerte er sich zu Hausaufgaben, die häufig Bildungsungerechtigkeit verstärken könnten. Er sprach sich für wiederholbare Lernkontrollen aus, die Fortschritte sichtbar machen und Motivation stärken würden.
Staatssekretär Volker Schebesta betonte, dass landesweite Vergleichsarbeiten und Datenerhebungen keine Kontrollinstrumente seien, sondern als Grundlage für Feedback und Weiterentwicklung dienten.
Zum Abschluss wurden die unterschiedlichen Schwerpunkte deutlich: Hattie warb für konsequente Evidenzorientierung, Blume für mehr Personal und Schebesta für gut ausgebildete Lehrkräfte.
Abschluss und Fazit
Das Fazit des Abends war eindeutig: Wirksamer Unterricht entsteht durch Haltung, Evidenz und Praxis zugleich.
Lehrkräfte, die Lernprozesse nachvollziehbar gestalten, ihre Wirkung reflektieren und Verantwortung im Kollegium teilen, schaffen ein Klima, in welchem Schülerinnen und Schüler fachlich wie persönlich wachsen können.
ZSL-Präsident Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke drückte seinen Respekt vor dem großen Engagement, das an den baden-württembergischen Schulen gelebt werde, aus und betonte, man müsse den Blick verstärkt auf die Lernentwicklung legen.
Ein herzlicher Dank gilt neben den Rednern den vielen Lehrkräften, die mit ihrer Präsenz gezeigt haben, dass Qualität im Unterricht eine gemeinsame Bewegung ist.