Bundesweiter Fachtag: „Potenziale entfalten – Leistung ermöglichen. Schule in herausfordernden Zeiten“ (Bericht vom 25.09.2025)

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Am 25. September 2025 diskutierten in Berlin Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Bildung aus ganz Deutschland mit Prof. Dr. John Hattie über die Zukunft von Schule. Es ging darum, wie Schülerinnen und Schüler mit gesellschaftlichen, technologischen und wirtschaftlichen Veränderungen Schritt halten können – und wie alle Kinder ihre Potenziale entfalten können:

  • Wie kann Schule junge Menschen auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten?
  • Wie gelingt es, Chancengerechtigkeit und Leistungsorientierung zu verbinden?
  • Und was macht heute wirklich guten Unterricht aus? 

Begrüßung und Einführung 

In die Geschäftsstelle der Leibniz-Gemeinschaft Berlin eingeladen hatten:

  • Prof. Dr. Olaf Köller, Direktor des Leibniz-Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, und
  • Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Präsident des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (ZSL).

Prof. Dr. Olaf Köller benannte in seiner Eröffnungsrede die breite Palette an schulbezogenen Themen, die für unsere Gesellschaft von Bedeutung sind:

  • Defizite im Lesen und Rechnen bei einer großen Gruppe von Kindern und Jugendlichen,
  • Verlust der Leistungsspitze,
  • Integration von zugewanderten Kindern und Jugendlichen,
  • negative Effekte von sozialen Medien auf das Verhalten,
  • Diskussionen über ein Zurückfahren der Digitalisierung 

Er betonte, dass Schule aber stärker über das Gelingen von Lernprozessen sprechen müsse – nicht über Defizite. „Wir brauchen eine Kultur des Ermöglichens, nicht des Verhinderns.“

Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke begrüßte Prof. Dr. John Hattie und dankte ihm für die rund 40 kleineren und größeren Veranstaltungen, an denen er sich im Rahmen seiner Deutschland-Tournee beteiligt hat. Der Präsident des ZSL strich heraus, dass Schule dazu da sei, hohe Leistungserwartungen zu stellen: „Leistung soll zählen – nicht Herkunft oder Geldbeutel.“ Baden-Württemberg stärke mit Initiativen wie verbindlichen Lesebändern und Mathematik-Lernbändern gezielt die Basiskompetenzen. Zentral sei, intelligentes Üben zu rekultivieren.

Impulsvorträge aus unterschiedlichen Perspektiven

  • Die baden-württembergische Staatssekretärin Sandra Boser MdL blickte aus der Perspektive der Bundesländer auf das Thema Leistung. Sie stellte heraus, dass Bildungsgerechtigkeit und Leistungsförderung keine Gegensätze darstellten, sondern zwei Seiten derselben Medaille seien. Sie rief dazu auf, die gesellschaftliche Dimension mitzudenken: „Leistung zeigt sich nicht nur in Noten, sondern auch in Verantwortung, Kreativität und Teamarbeit.“ Sie forderte zudem: „Wir müssen das Kind in den Mittelpunkt stellen, um eine erfolgreiche Bildungsgeschichte zu ermöglichen, auch in einem schwierigen Umfeld.“ In Baden-Württemberg zeigten Programme wie „Starke BASIS!“, „SprachFit“ und die Hector-Kinderakademien, dass Chancengerechtigkeit und Leistungsförderung Hand in Hand gehen können.
  • Dr. Stefan Luther vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend hob die Bedeutung vertrauensvoller Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen hervor.
  • Prof. Dr. John Hattie, Professor für Erziehungswissenschaften und Direktor des Melbourne Education Research Institute an der University of Melbourne, unterstrich seine Überzeugung, dass ein fehlerfreundliches Lernklima, in dem Neugier und entdeckendes Lernen Platz hätten, die Voraussetzung für gute Leistungen sei. Neben der Vermittlung von Faktenwissen müssten die Fähigkeit zum Transfer und das Problemlösen gleichermaßen einen Stellenwert erhalten. In Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) betonte er, wie wichtig es sei, dass die Schülerinnen und Schüler lernten, die richtigen Fragen zu stellen und dass wir zeitnah („We better move fast!“) Maßnahmen zur Qualitätskontrolle ergreifen sollten.
  • Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach, Professor für Politikwissen­schaften/Sozial­politik und Mitglied des Instituts für Gesellschaft und Digitales (GUD), Fachhochschule Münster, forderte, Schulen stärker als soziale Zentren zu denken: „Gesellschaft muss sich dort wiederfinden, wo sich ihre Zukunft befindet.“
  • Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Professor für Empirische Bildungsforschung und geschäftsführender Direktor des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung, betonte, dass Bildungspolitik alles tun müsse, um Leistungserbringung zu ermöglichen. Kompetenzerfahrung sei ein menschliches Bedürfnis. Er erläuterte, dass konstruktive Unterstützung als zentrale Dimension guten Unterrichts zu Erfolgserlebnissen führe und so ein positives Selbstkonzept fördere. „Das wichtigste Ziel ist, dass den Lernenden echte Leistungen und Erfolge ermöglicht werden“, schloss er seinen Impulsvortrag. 

Podiumsdiskussion

In der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen neben den genannten Vortragenden auch Marco Haaf, Geschäftsführer der Akademie für Innovative Bildung und Management Heilbronn-Franken gemeinnützige GmbH (aim), und Prof. Dr. Olaf Köller teil. Heike Schmoll, Journalistin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), moderierte.

Einigkeit herrschte darüber, dass ein schulisches Umfeld, das vorurteilsfrei auf die Schülerinnen und Schüler blickt, an ihren Stärken ansetzt, unterstützt und Leistungsbereitschaft belohnt, entscheidend ist. 

Prof. Dr. John Hattie betonte, dass ein Großteil der Schulen und Lehrkräfte in Deutschland aus seiner Sicht exzellente Arbeit leisteten.

Schlusswort 

Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke lenkte in seinem Schlusswort den Blick noch einmal darauf, dass Schulen unter schwierigsten Bedingungen großartige Leistungen erbringen. Er unterstrich zugleich: „Wir müssen über Erfolg reden – ohne die Augen vor den Problemen zu verschließen.“

Schule sei Lern- und Lebensort zugleich, dort wachse die Demokratie von morgen. Datengestützte Qualitätsentwicklung ermögliche es, Fortschritte sichtbar zu machen: Daten, Feedback und Evaluationen zeigten, was wirke und wo nachgesteuert werden müsse, ohne die pädagogische Verantwortung zu ersetzen. So würden echte Lernchancen für alle geschaffen – für ein Bildungssystem, das Leistung, Chancengerechtigkeit und digitale Kompetenz vereine.

Kooperationspartner

Das ZSL dankt den Kooperationspartnern für die Unterstützung dieses inspirierenden Bildungsgipfels:

Fachtagung, Berlin 25.09.2025: Foto von der Podiumsdiskussion (von links nach rechts: Marco Haaf, Prof. Dr. John Hattie, Prof. Dr. Ulrich Trautwein, Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach, Dr. Stefan Luther, Sandra Boser MdL, Heike Schmoll)
Fachtagung, Berlin 25.09.2025: Foto von Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke (Er trägt einen grauen Anzug, Krawatte und Brille und spricht ins Mikrofon.)
Fachtagung, Berlin 25.09.2025: Foto von Sandra Boser MdL (Sie spricht am Rednerpult in das Mikro. Sie trägt Brille, relativ kurze, dunkle Haare und ein schwarzes Oberteil.)
Fachtagung, Berlin 25.09.2025: Foto von Prof. Dr. John Hattie (Er spricht am Rednerpult in das Mikro. Er trägt Brille, ein graublaues Jackett und ein blaues Hemd mit aufgeknöpftem Hemdkragen.)
Fachtagung, Berlin 25.09.2025: Foto von Prof. Dr. Sebastian Kurtenbach (Öffnet in neuem Fenster) (Er spricht am Rednerpult in das Mikro. Er trägt Brille, ein schwarzes Jackett und ein weißes Hemd.)
Fachtagung, Berlin 25.09.2025: Foto von Prof. Dr. Ulrich Trautwein (Er spricht am Rednerpult in das Mikro und gestikuliert mit den Armen. Er trägt Brille, ein schwarzes Jackett und ein weißes Hemd.)